Da sind sich die Experten einig

By Stadtsalat - januari 25, 2018

Das schöne am Internet ist ja, dass man auf alle Lebensprobleme einfach und schnell eine Antwort erhält. Ob diese gut ist oder sagen wir mal, ob sie überhaupt etwas taugt, ist dabei allerdings nicht immer gegeben. Das kann man aber natürlich durch einen einfachen Versuchsaufbau im heimischen Umfeld schnell testen.

Letztens bin ich auf einen sehr schönen Artikel gestossen, wie man Trotzkinder mit der NLP Methode beikommen kann.

NLP das klingt schick nach 90' Jahre und gleichzeitig als 'nagging' , also dem von oben angeordneten Erziehungsversuch, auch ein bisschen nach 2017.
Jedenfalls kann man eigentlich davon ausgehen, dass viele erwachsene Menschen diese ganze Masche ziemlich schlau und schnell durchschauen und man sich das eigentlich auch komplett sparen kann.

Ich dachte aber auch: vielleicht funktioniert es aber noch bei sehr kurzen Menschen?
Da ich mich glücklicherweise in direkter Nähe zu mehreren Exemplaren befinde, bastelte ich mir hopp, hopp meinen eigenen unbestechlichen Versuchsanbau.

Als erstes Testfeld dient die Ernährung. Wenn das eigene Fleisch und Blut es mal wieder ablehnen sollte, solch lebensfeindliche Nahrungsmittel wie Obst und Gemüse zu sich zu nehmen, soll man laut dem Internet nicht den Sinn einer gesunden und ausgewogenen Ernährung erklären, sondern einfach ganz gewitzt fragen, welches Gemüse das Kind denn heute essen möchte: 'Blumenkohl oder Brokkoli?'
Der Theorie nach, wird sich das Kind auf jeden Fall für eins dieser beiden Gewächse entscheiden.

Das ist eine sehr schöne Theorie, die allerdings, wie immer wenn man bei einem schwierigen Problem eine einfache Lösung präsentiert kriegt, komplett unbrauchbar ist.
Meine Nachfrage mit welchen Obst, 'Apfel oder Banane ?', ich denn heute meine Älteste beglücken dürfte, wurde mit einem Blick bestraft, als ob ich gefragt hätte, ob sie einmal die Gosse sauberlecken möchte.
Die folgerichtige Antwort lautete daher auch: 'Ich will ein Brot mit Spekuloos.'

Auch bei sehr wohlwollender Betrachtungsweise hat dieser Top- Tipp also eher versagt.

Trotzdem muss das ja nicht heissen, dass alle Tipps schlecht sind und ich mache mich frohgemut an den nächsten Punkt.

Denn das ist ja das wichtigste in einer wissenschaftlichen Karriere und im Leben eigentlich sowieso. Rückschläge positiv zu bewerten, ein schlechtes Outcome ist mindestens interessant und wer gleich aufgibt, braucht eigentlich morgens auch garnicht mehr aufzustehen.
Also ran.

Dieses Mal das Überflieger- Thema 'Aufräumen'. Da hatte ich mir ehrlicherweise schon immer den Megatipp erhofft, der es meinen Kindern ermöglicht, die 25kg Duplo nach dem Spielen genauso geschwind wieder in die Kiste zu kriegen, wie sie zuvor ausgekippt wurde.

Oder nein. Ich hätte mich auch gefreut, wenn ich irgendwo mal wieder ein Stück vom Fussboden gesehen hätte. Es hätte auch ein kleines gereicht.

Ich sprach also die Zauberformel: 'Hinterlasse dein Zimmer ordentlich. Lass uns auch das Duplo aufräumen.'
Meine Kinder schauten mich mit glasigen Augen an. 'Was will die Frau von uns ?',  'Warum sagt sie so seltsame Sachen?'
Anschliessend wird mir erklärt, dass das Zimmer im aktuellen Zustand, nach eigenem Empfinden, 'sehr ordentlich' ist und, dass wenn ich Duplo aufräumen möchte, dass auch gerne alleine tun kann, aber der Zoo bitte stehen bleiben soll.
Natürlich. Steht's zu Diensten, gnädige Frau. Klingeln Sie bitte, wenn ich Ihnen im Laufe des Tages noch weitere Wünsche erfüllen darf.

Auch dieser Tipp lässt also keine auschliesslich positive Beurteilung zu.

Das heisst, dass die restlichen es jetzt wirklich reissen müssen, ansonsten versagt die ganze Methode.

Wir versuchen das morgendliche Anziehen zu beschleunigen.
In der Theorie löst die simple Frage: 'Welches T-Shirt möchtest du heute anziehen?' eine ganze Kaskade an Aktivitäten aus, die darin endet, dass das Kind frisch gestriegelt und komplett angezogen, abfahrbereit in der Haustür steht.
Bei uns löst das aus, dass das Kind heult, weil es kein T- Shirt will, lieber ein longsleeve. ach ne doch ein Kleid. Wo ist denn das Unterhemd, ich bin noch müde, ich ziehe doch eine Hose an- aber nur wenn sie grün ist- wer hat meine grüne Hose in die Wäsche getan- ich werde mich nie wieder anziehen, wenn ich nicht sofort die Hose kriege, und so weiter und so fort.
Der Punkt 'Angezogen und Abfahrbereit' wird nur unterzuhilfenahme althergebrachter Methoden zu einem noch einigermassen angemessenen Zeitpunkt erreicht.

Auch hier geht der Punkt eher an das Kind.

Aber ich habe noch ein Ass im Ärmel.
Und zwar das bedanken im Vorraus. So á la:
'Bitte setzt dich hin. Danke.'

Angeblich folgt das Kind dann schäfchengleich.

Die Standartantwort meiner Kinder war allerdings ein verwirrtes 'Bitte', welches natürlich stehend vorgebracht wurde.

Das hätte man eigentlich ahnen können. Das kennt man ja von den Autobahn- Baustellenschildern. 'Wir bauen für Sie.- Vielen Dank für ihr Verständnis'.
Von welchem Verständnis reden die denn da? Ich hatte bis jetzt jedenfalls noch keins, auch wenn der Schilderdrucker da anscheinend mehr weiss als ich.
Vielleicht sollte ich einfach mal in der Bundesdruckerei nach Erziehungstipps fragen.
Bis dahin muss ich mir wieder mit meinen selbstgebastelten Krücken behelfen, denn wie mein repräsentativer und komplett unbestechlicher, wissenschaftlicher Test gezeigt hat, ist die Theorie der Erziehungsprofis, eher nicht so gut, man könnte fast sagen: gescheitert, eventuell könnte man auch sagen Bullshit.
Meine Kinder fanden den Versuch interessant, habe mir aber als Fazit mitgegeben, dass es eigentlich auch fast schon ein bisschen langweilig war.
Nächstes Mal soll ich doch bitte etwas anspruchsvolleres raussuchen.

Natürlich Ihro Gnaden.

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