Winterwonderland

By Stadtsalat - januari 09, 2018

Sie sind wieder da. Die besinnlichen Tage. In denen wir uns es, in einem Til- Schweigerhaften übergroßen Wollpulli gehüllt, auf dem Sofa mit einer dampfenden Tasse Kakao gemütlich machen. Stress und Hektik haben keinen Platz bei uns für die nächsten Tage. Nein, nein.
Wir sind hier ganz besinnlich. Ja. Es ist kaum etwas besinnlicheres vorstellbar. Quasi die Keimzelle der Besinnlichkeit.

Dieser Gedankenstrom wälzt sich immer in der dunklen Jahreszeit durch mein Hirn. Wenn die Tage kurz und matschig sind und der Himmel dauerregnet. Meistens so zwischen dem 2. und 3. Januar.

Denn die grobe Realität sieht natürlich folgendermaßen aus:

Tür auf.
Baum rein.
Schmücken. Essen. Trinken. Kaputte Kugel eins aufsaugen.
Kerzen an. Kerzen aus.
Geschenke auspacken. Tränen trocknen. Nadeln aufsaugen. Geschenkpapier wegschmeißen.
Essen. Trinken. Gäste reinlassen. Noch mehr essen. Noch mehr trinken. Kugel elf und zwölf aufsaugen.
Lametta aus Frisur entfernen.
Gäste rauslassen.
Kerze an. Kerze aus. Kerzen wegschmeißen.
Feststellen, dass Geschenk unter Baum voller Wachs ist.
Feststellen, dass die ganze Schokolade vom Baum fehlt. Bis auf eine.
Feststellen, dass man nicht dran kommt, weil man einen dicken Bauch gekriegt hat.

Deprimierter Blick aus dem Fenster.
Regen, Regen, Regen.
Schnee.
Regen.
Regen.
Grau grau grau.
Niesel, niesel.
Rausgehen ist keine Option. Drinbleiben aber auch nicht.

Hirn verabschiedet sich in das Feiertagskoma. Basale Funktionen wie 'Atmen' und Gesprächsbeiträge wie: 'Mmh.', 'Ja, ja.', 'Mensch, mensch.', bleiben erhalten.
Der Rest sackt komplett ins Unterbewusstsein ab. Quasi Winterschlaf.
Mit Glück bliebe man die nächsten zwei, drei Jahre in diesem Zustand.

Aber dann ereilt es einen.
Silvester steht vor der Tür.
Das beinhaltet, im Gegensatz zu den letzten Abenden, leider nicht die folgenden Elemente:

-Jogginghose
-Netflix
-Tüte Chips

Nein.
Morgen, ja gleich morgen, muss man in der Form seines Lebens sein. Glamourös glitzernd eloquente Gesprächsbeiträge leisten und der Mittelpunkt eines rauschenden, konfettigeschwängerten Jahrhundertfestes sein.
Der aufgeschwemmte Körper wird in die Jeans gepresst. Zartes Knacken der Nähte rät zum Umschwung auf Jersey.
Müde Arme frisieren stundenlang turmhohe Frisuren und Augenringe werden großzügig weggespachtelt. Wie gut, dass man die Techniken, die man bei seinem VHS Kurs 'Shabby chic selbstgemacht', auch hier mal wieder anwenden kann. Kommt man nicht aus der Übung.
Schnell noch ein silvesterlich glitzerndes Paillettenoberteil.
3,2,1,0 - zack da ist es.
Das neue Jahr.
Welches natürlich besser, schöner und noch erfolgreicher wird.

Dieses Jahr wird man ein heiteres, ausgeglichenes Karma haben und konstant eine patente Fröhlichkeit verströmen. Man wird positiv sein, gut organisiert und allen Stürmen trotzen. Dieses Jahr wird man immer und auf alles eine Antwort haben und so was von perfekt vorbereitet sein!
Die Liste mit den guten Vorsätzen ist zum Glück schon fix und fertig ausformuliert. Man kann also so quasi direkt beginnen.

Mensch, dass ist echt toll. Jetzt so völlig verkatert, nur noch Obst und Gemüse zu essen und, wegen dem bösen Zucker, auch keine Cola mehr zu trinken. Da ist man ja sowas von begeistert über die eigene Leistung, dass man ja fast- und auch nur beinahe und gar nicht absichtlich- vergessen hätte, zum Neujahrslauf zu gehen. Da hatte man sich doch letztes Jahr schon für angemeldet.

Da der Vorsatz für das vergangene Jahr natürlich lautete: Mehr Sport machen.
Und, das weiß man ja: so ein Vorsatz braucht auch ein Ziel. 20 km sollten doch auch eigentlich echt zu schaffen sein.
Schließlich hat der Körper sich doch die letzten 11 Monate ausreichend erholt.

Hopp, hopp, hopp.
Die Liste ist noch lang.
Aber der aller, allerwichtigste Vorsatz, ist natürlich wie jedes Jahr:
Es Weihnachten und Silvester aber mal so richtig ruhig angehen zu lassen.




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